Samstag, 21.03.

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So, da nun langsam Beschwerden eingehen, dass ich so zögerlich schreibe, gerade wo es interessant wird, versuche ich mal nun, unseren vorletzten Tag in Ghana zu schildern.

Wann immer ich darüber nachdenke, was wir da so alles gemacht haben, stelle ich fest, dass ich mich entweder kaum noch an manches erinnern kann oder aber es ist mir so bewusst, als wäre es erst gestern passiert.

Deshalb merke ich gleich mal an, dass vielleicht das eine oder andere hier fehlen wird.
Aber das, was ich hier schreibe, entspricht der Wahrheit, denn unter Beruhigungsmitteln zu stehen, bedeutet nicht, an Amnäsie zu leiden.

Das betone ich aus einem ganz bestimmten Grund, wem das jetzt zu rätselhaft erscheint, dem wird sich der Sinn später erschliessen.


Ob wir Samstag morgen ausgeschlafen haben oder nicht, ob ich in der Nacht überhaupt geschlafen habe - ich weiss es nicht mehr. aber wahrscheinlich nicht.
Na jedenfalls war für den Vormittag ein Treffen der ganzen xxxxxxxxxxxxxx bei einem der Kollegen verabredet war, um gemeinsam zu besprechen, wie es nach unserer Abreise weitergeht.
Denn es stand fest, dass wir lediglich mit normalem Fluggepäck abreisen werden und da geht ja kaum unser ganzes Hab und Gut rein.
Ausserdem gab es ja noch unsere 6 Haustiere, die aufgrund gesetzlicher Bestimmungen auch nicht sofort mit uns mitkommen konnten.

Wie schon am Tag zuvor habe ich eigentlich alles nur wie durch einen Nebelschleier wahrgenommen, was aber nicht bedeutet, dass ich nicht mehr klar denken konnte.
Jeder hatte sich in den letzten Stunden Gedanken gemacht, an was alles zu denken ist, was geklärt werden muss.
Punkt für Punkt gingen wir die Liste der zu erledigenden Dinge durch, Aufgaben wurden verteilt und wer sich um welche Dinge kümmern sollte.
Rechnungen, Personal, Haus, Umzug, Auto, Schule und was nicht noch alles.
Und natürlich die Zukunft unserer vierbeinigen und gefiederten Mitbewohner.
April hatte ich ja schon am Vortag an eine Freundin zur Pflege vermitteln können.
Für Cleo erklärte sich auch gleich ein Kollege bereit, sie aufzunehmen, ein anderer wollte Cäsar zu sich nehmen.
Unsere beiden grünen Kappapageien wollten wir eigentlich in die Freiheit entlassen (das wollten wir ja schon immer mal machen), aber Cleo´s Pflegefamilie hat uns das ausgeredet, sie wollten die beiden lieber in ihrem Garten haben. Okay, warum nicht?
Und um unseren Brutus sollten wir uns auch keine Sorgen machen müssen, den wollte der xxxx und seine Frau zu sich nehmen. Aber gerade wegen Brutus habe ich mir die meisten Sorgen gemacht, denn er war schon immer ein bischen kompliziert und ich hatte so meine Bedenken, wie er einen "Umzug" verkraften würde. Vorallem wie er mit der Trennung von April klarkommt. Denn wann immer Dani mal mit April alleine abends spazieren war, verfiel Brutus in tiefe Trauer und hat ein heulkonzert veranstaltet, das im ganzen Viertel zu hören war. Er liess sich dann auch kaum trösten und ablenken, erst wenn seine April wieder da war, gab er Ruhe.
Wir kannten ihn ja nun schon seit 2 1/2 Jahren, wussten gut mit ihm umzugehen, gerade wenn er mal wieder seine agressive Phase hatte, wie das bei fremden Menschen in fremder Umgebung sein würde, konnte ich halt nicht so wirklich abschätzen.
Also alles in allem hatte ich bei ihm kein so ganz gutes Gefühl, eben ein paar Zweifel, dass alles gutgehen würde.
Das habe ich dann auch in der Runde so erklärt, welche Probleme mit Brutus halt auftreten könnten. Man darf dem Brutus da aber wegen seinem Verhalten ja auch keinen Vorwurf machen, immerhin hat dieser Zwerg in seinem Leben schon eine Menge schlimmes erlebt und in meinen Augen für ein Hundeleben genug gelitten.
Deshalb habe ich ganz ehrlich gebeten, sollte es zu größeren Problemen mit ihm kommen, dann möchte ich nicht, dass er womöglich noch zum probieren in andere Familien gesteckt wird, auf eine Odyssee geschickt wird. Bevor er von Pflegestelle zu Pflegestelle geschoben wird, weil er sich mit anderen Haustieren nicht verträgt, war ich der Meinung, es wäre für ihn besser, eingeschläfert zu werden.
Manch einem mag das jetzt vielleicht kaltherzig erscheinen, aber ist es nicht kaltherziger, die sensible Seele dieses Hundes zu kennen und ihn leiden zu lassen?

Nochmals: es ist auf keinen Fall so, dass ich ihn einfach so einschläfern lassen wollte! Das war nur meine Bitte, ihm Leiden zu ersparen für den Fall, er kann die Trennung und den Umzug absolut nicht verkraften!

Warum ich jetzt so ausführlich darüber schreibe, erklärt sich in noch folgenden Postings.

Irgendwann war dann soweit alles geklärt, sofern man so etwas überhaupt klären kann.

Soweit ich mich noch erinnern kann, sind wir danach noch in den Maxmart gefahren, ich hatte mir in den Kopf gesetzt, letztmalig billig Zigaretten zu holen und zwar die maximale Menge, die wir nach D einführen können.

Für den Nachmittag hatten sich ja Bettina und Gretchen mit Familie angekündigt.
Zum einen hatte ich für die beiden ein paar zu erledigende Aufgaben, aber wichtiger war mir, mit denen noch einmal zusammenzusitzen und mich zu verabschieden.
Zuerst kam Bettina, die Kinder haben sich alle ins Haus verzogen und haben dort gespielt. Überhaupt waren die Kkinder schon in den Tagen zuvor unheimlich brav, aber die haben sicher auch gemerkt, dass irgendetwas nicht stimmt.
Julian und Philipp haben wir nichts gesagt, nur mit Chris hatten wir geredet. Viel hat er nicht dazu gesagt, aber die Tränen in seinen Augen und wie schwer er geschluckt hat, hat viel mehr ausgesagt. Für mich wieder ein Moment, wo sich innerlich alles verkrampft hat, ich wütend und traurig und verzweifelt war.

Und so saßen wir nun zum letzten Mal mit Bettina und Christian auf unserer Terasse und haben so einige Dinge nochmals Revue passieren lassen.
Ich hatte Bettina gebeten, Wäschekörbe mitzubringen, damit sind wir dann durchs Haus und ich habe ihr die Körbe vollgepackt mit einem teil unseren Vorräte. Shampoo, Duschgel. verschiedene Haushaltschemie, Konserven und andere Lebensmittel. Denn was sollen wir noch damit? Wieder im Container nach Deutschland bringen lassen wäre bischen unsinnig.

Auch meine ganzen gesammelten Pesewamünzen habe ich ihr gegeben. In der Stadt herrscht eigentlich immer ein Mangel an Münzen und so hatte ich immer einen guten Vorrat davon, den konnte nun Bettina aufbrauchen.
Bei einem Glas Sekt (ich weiss, Alkohol und Tabletten zusammen kommt nicht gut, aber was konnte denn noch schlimmer werden?) haben wir noch Aufträge verteilt, von Christoph sollte Bettina einen Brief an seine Klasse abgeben, Philipp´s Freundebuch sollte zum Ausfüllen in die Schule und ähnliches.
Und dann kam Gretchen mit Mike und den beiden Jungs.
Wir haben dann nicht mehr viel geredet, ich sass mit Gretchen auf der Hollywoodschaukel und sie hat mich die ganze zeit im Arm gehalten. Ich habe ab da wohl nur noch geweint, es tat einfach nur noch weh.
Wenn man mit so lieben Menschen zusammen ist, wird einem bewusst, wieviel man verliert.

Auch für Gretchen hatte ich ein paar Dinge zusammengepackt, die sie mitnehmen sollte.
April wollten sie nach unserer Abreise holen, genau wie den Zwinger und unser ganzes Poolspielzeug wie die aufblasbaren Tiere usw. Das sollte gleich für Jack zum Geburtstag sein.
Nachdem sie mir das versprochen hatte, sind alle langsam aufgebrochen, es war irgendwie alles gesagt, obwohl man noch so viel zu sagen hätte......
Von Gretchen habe ich noch ein kleines Tütchen bekommen, ich sollte es erst öffnen, wenn sie weg sind.

Als das Tor dann zum allerletzten Mal hinter unseren Freunden zuging, saß ich immer noch oder schon wieder weinend auf der Terrasse.
Der Gedanke, dass uns nun nur noch etwa 24 Stunden in Ghana bleiben, tat weh, aber wenn man ahnt, was diese wenigen Stunden bringen werden, dann wünscht man sich, dass sie ganz schnell vorbeigehen.

Viel mehr ist mir dann von diesem Abend nicht mehr bewusst, ich weiss nur, dass ich mir immer wieder Gretchens Abschiedsbrief an mich durchgelesen habe.
Auch ich wünschte, wir hätten noch mehr Zeit miteinander verbringen können...........

An diesem letzten Abend ging ich mit der Gewissheit ins Bett, dass nicht nur wir etwas verloren hatten............

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