DOVVSU - Die Zweite

Und weiter geht es.......
Aber erstmal wollte ich mich entschuldigen, es ist nicht so, dass ich faul gewesen wäre.
Die letzten Tage gab es reichlich zu tun, wir sind vorgestern nun endlich nach 4 Wochen Hotel in unser gemietetes Häuschen gezogen, aber dazu dann irgendwann mehr.....

Zurück zum 19. Februar:

Nachdem also am Tag zuvor Mr. Odei Wichtigeres zu tun hatte, als sich um die von ihm ausgemachten Termine zu kümmern, sind wir am Donnerstag erneut zur DOVVSU gefahren mit der Hoffnung, dass sich nun heute alles aufklärt.
Wir waren überpünktlich da, auch Christine wartete schon und wir wurden auch gleich in ein Büro befohlen. Dort waren 3 oder 4 Schreibtische, besetzt von einem Mann und 3 Frauen.
Ich nehme an, dieser Mann war Mr. Odei, vorgestellt hat er sich nicht. Ich saß links neben ihm, Christine rechts, Dani stand neben mir.
Er erklärte uns, es gäbe noch ungeklärte Fragen, deshalb würde er weiter ermitteln und dazu müsste ich nochmals eine Aussage machen - schriftlich.
Wir haben erklärt, dass ich meine Aussage bereits im Dezember gemacht habe und seitdem hat sich nichts geändert, ich bleibe wortwörtlich bei dem damals geschriebenen.
Das war ihm reichlich egal, dann solle ich halt jetzt die ganze Aussage nochmal abschreiben.
Unser Vorschlag, einfach eine Kopie zu ziehen, machte ihn wütend.
Ich habe versucht, ihm zu erklären, dass es mir sehr schwer fällt. soviel zu schreiben, da ich nach wenigen Zeilen Schmerzen in den Fingergelenken bekomme und sich meine Hand verkrampft, ich bräuchte da viel Zeit dazu, muss immer wieder Pausen beim Schreiben machen.
Nun ja, diese Zeit wollte er mir gerne geben mit ungefähr den Worten
"Nimm Dir soviel Zeit wie Du brauchst, mir egal, aber Du gehst erst, wenn das geschrieben ist"
Klasse, wie soll man denn das verstehen?
Im Dezember habe ich einen halben Tag an der Aussage geschrieben, soll ich jetzt bis Abends hier bleiben?
Da ich nun auch nicht die Bravste bin, habe ich leicht provokant angemerkt, dass ich wohl doch noch ein freier Mensch bin und deshalb gehen könne, wann ich will, wenn nicht, dann solle er mir doch jetzt einen Haftbefehl zeigen, dann könne er mich auch hier festhalten.
Natürlich wurde er da noch wütender, wie man sich denken kann.
Dani und ich fanden, dass nun doch der Zeitpunkt gekommen war, sich Hilfe zu holen.
Als erstes verlangten wir nach einem Dolmetscher, immerhin sind wir ja Ausländer und so eine heikle Angelegenheit wollten wir dann doch in unserer Muttersprache behandeln, laut Gesetz steht das auch in Ghana Ausländern zu.
Als Antwort auf diese Frage ernteten wir erstmal lautes Gelächter, alle schauten uns an nach dem Motto "Schaut Euch die an, sprechen nicht mal ordentlich Englisch"
Dabei war es nicht mal so, dass unsere Englischkenntnisse nicht gelangt hätten, aber man versteht dieses grottige Englisch der Ghanaer, welches völlig frei von jeglicher Grammatik ist, so schlecht.
Man wurde ja schon ausgelacht, wenn man bei manchen Sätzen nachgefragt hat, weil man das Genuschel nicht gleich verstanden hat.
Unser nächstes Anliegen war, unsere Botschaft zu verständigen. Wir wollten eigentlich sofort hinfahren und das mal mit einem zuständigen besprechen, aber Mr. Odei meinte nur, es reicht, wenn wir da anrufen, hinfahren ist nicht - wir bleiben hier. Bzw. Dani darf gerne fahren, aber ich werde dieses Gebäude nicht verlassen, bis die bekommen, was sie wollen.

Ja wenn ich denn nun endlich mal genau erfahren würde, was denn von mir erwartet wird, was noch ungeklärt ist. Erzählt wurde viel, erfahren hat man wenig.

Als wir dann noch einen Anwalt hinzuziehen wollten, kam auch wieder die Aussage, anrufen dürfen wir, der Anwalt kann ja herkommen.

Ja und natürlich wartet nun auch jeder gerade drauf, dass wir anrufen und setzen sich ins Auto und kommen zu uns in die DOVVSU.
Also sah es nicht nach einer schnellen Lösung aus.
Mr. Odei hatte sichtlich die Nase voll von uns (wir aber auch von ihm!) und zog es nun erst mal vor, sich mit Christine zu beschäftigen, die sich die ganze Zeit schon über uns amüsiert hatte.
Und mit Landsleuten geht man natürlich sanfter um, wenn die nämlich kein Englisch sprechen können oder wollen, dann macht man das halt in Ga, Twi oder Ewe - was weiss ich, zu welchem Stamm die gehört.
Das wir dann natürlich erst recht nicht verstehen, was die von sich gibt, interessiert dort niemanden. Das die Amtssprache in Ghana Englisch ist, hat auch nur auf dem Papier etwas zu bedeuten.
Während sie ihre Aussage machte, Mr. Odei das für sie in Englisch niederschrieb, konnte ich einen Blick auf ein paar Blätter in dem Ordner werfen. Es waren Bilder von Christine, Details konnte ich nicht erkennen.
Dann wurden wir aus dem Büro geschickt und sollten warten. Christine wartete im Gang, in dem an der Wand Holzbänke standen. Dani und ich wurden in ein leeres Büro geschickt, wo wir nun telefonieren durften. Während Dani versuchte einen Anwalt aufzutreiben und die Botschaft zu verständigen, brach es einfach aus mir raus. Irgendwie wurde mir in dem Moment klar, dass die ganze Sache doch nicht so einfach zu klären wäre, ich hatte das Gefühl, es kommt noch ganz schlimm, ohne dass ich etwas genaueres wusste. Und so habe ich erstmal alles rausgelassen und geheult wie ein Schlosshund.
Ich habe mich so bedrängt , so ungerecht behandelt gefühlt, dazu noch ausgelacht. Ich wusste, dass ich nichts getan hatte, was so eine verachtende Behandlung rechtfertigt, aber jegliche Versuche, das zu erklären, wie es sich im Dezember wirklich abgespielt hat, wurden im Keime erstickt. Genau wie jede Nachfrage, was mir denn genau vorgeworfen wird, einfach ignoriert wurde. Dani´s Anrufe blieben für die momentane Situation erfolglos, eine Anwältin machte kein Strafrecht, ein anderer Anwalt, der geeignet gewesen wäre, ging nicht ans Telefon.
Also mussten wir uns erst mal weiter alleine durchbeissen.
Ich hatte mich derweil wieder ein wenig beruhigt, aber innerlich hat es mich doch weiterhin ziemlich geschmissen, ich war total zittrig, weil ich nicht wusste, wie es jetzt weitergeht, was nun noch kommt.
Wir wurden dann in eim weiteres Büro gerufen, ein Schreibtisch, davor 2 Stühle, dahinter eine streng blickende Matrone. Keine Ahnung, wie diese Frau hiess, wer was zu sagen hat, der muss sich nicht bei denen, die in deren Augen unter ihnen stehen, vorstellen.
Christine setzte sich auf einen der Stühle, die vor dem Schreibtisch standen, sie war gelassen, selbstsicher, fast gut gelaunt und absolut entspannt.
Mich allerdings machte ihre Anwesenheit und die Art, wie sie auftrat, sehr nervös, ich fand ihre Nähe fast unerträglich.
Als mir dann wieder sehr schroff befohlen wurde, mich neben sie zu setzen, so nah, dass man sie spüren kann und ihren Schweissgeruch riechen kann, der gleiche Schweissgeruch, der mir in die Nase stieg, als sie damals auf mich einschlug, da fand ich es dann wirklich unerträglich.
Ich wollte und konnte nicht neben ihr sitzen, das deutete ich auch Dani mit Worten und Blicken.
Er erklärte es der Matrone und schlug vor, ich setze mich weiter rechts an die Wand und er bleibt neben mir.
Da wurde die Matrone sehr böse, das würde nicht gehen, sie hatte sogar einen Grund genannt, warum ich nicht seitlicher sitzen kann.

"Wenn sie nicht vor mir sitzt, sondern an der Seite, dann muss ich beim Befragen immer den Kopf drehen und das will ich nicht"

Dani wollte dann noch versuchen, die Matrone zu überzeugen, dass er sich halt zwischen mich und Christine setzt, aber meine Angst hatte mich mittlerweile so Besitz von mir ergriffen, dass ich nur noch aus diesem Raum rauswollte, ich wäre nicht mehr in der Lage gewesen, auch nur eine Frage zu verstehen, geschweige denn zu beantworten. Ich zitterte am ganzen Körper, meine Beine fühlten sich an wie Gummi, ich dachte, ich kippe jeden Augenblick um, wenn ich hier weiter stehenbleibe.
Ich deutete Dani nur an, dass ich jetzt nicht mehr kann und bin hinaus in den Gang gerannt, vorbei an den vielen auf den Bänken sitzenden Menschen.
Dort habe ich mich dann auf einen freien Platz gesetzt, das Gesicht in die Hände gestützt und geheult, gezittert, nein, es hat mich am ganzen Körper geschmissen, ich habe meine Fingernägel in meine Handflächen gekrampft, meine Brust fühlte sich an, als spanne jemand einen Stahlring herum.
Dann weiss ich nicht mehr was, passierte, ich hörte tausende Stimmen wie aus der Ferne, mir wurde schwarz vor Augen und Ende...........

Dani erzählte mir, was passierte:

Als ich rausgerannt bin, waren natürlich alle schwer entsetzt, wie kann man sich sowas nur getrauen.
Er ist gleich hinter mir her, fand mich zitternd und schwer atmend auf der Bank im Gang.
Er versuchte mich, zu beruhigen, aber das habe ich nicht so wirklich mitbekommen, ich habe dann hyperventiliert.
Dani war aufgeregt, hatte Angst und sagte, dass ich sofort zu einen Arzt brauche, da das mit dem Zittern nicht mehr lange geht und ich warscheinlich als nächstes einen totalen körperlichen Zusammenbruch erleiden würde.
Die Leute im Gang fanden diese Situation sehr amüsant, sie glotzten und lachten dabei, über mich, über Dani - ich weiss es nicht.
Aber geholfen hat natürlich keiner.
Einer der Polizisten drohte ihm dann, dass es im Erdgeschoss ein Gefängnis gibt, in das er Dani sperren kann, wenn er mit mir hier rausgeht.
Inzwischen hatte dann mein Körper aufgegeben, ich bin von der Bank gerutscht und auf den Boden geknallt.
Da ist dann auch Dani der Kragen geplatzt, er schrie die Umstehenden nur an, dass er mich jetzt nimmt und geht und wenn ihn jemand daran hindern sollte, dann würden im Nachhinein Köpfe rollen. Dabei war er wohl so bestimmt und überzeugend, dass keiner sich ihm in den Weg gestellt hat. Er hat mich dann raus zum Auto getragen und auf die Rücksitzbank gelegt. Einzig und allein eine Frau hat ihm geholfen, mich mit getragen und meine Handtasche und Schuhe mitgenommen.
Ohne sich nochmal umzudrehen ist er auf dem schnellsten Weg zur Praxis des Botschaftsarztes gefahren.
Kurz bevor wir dort waren, bin ich wieder zu mir gekommen.

So richtig war ich nicht bei Sinnen, immer noch am Zittern und irgendwie total verwirrt, was passiert war, es wirkte alles so irreal.

Der Botschaftsarzt war auch da, ich habe mich erst mal hingelegt, die Schwester und Dani waren bei mir und alle haben mich erstmal versucht, zu beruhigen, dass ich hier in der Praxis in Sicherheit bin. Dani hat erst mal erzählt, was eigentlich passiert war, so unglaublich das für viele vielleicht ist, wer aber selbst dort lebt, der kann es schon nachvollziehen.
Körperliche Verletzungen hatte ich keine und die innerliche Aufgewühltheit braucht ein Weilchen, um sich zu legen, deshalb fanden wir, es ist das Beste, wenn wir heim fahren und ich in meiner gewohnten Umgebung zur Ruhe komme.
Ausserdem wollte ja an diesem Nachmittag Julian seinen Freund Ruben mitbringen, sie wollten zusammen spielen.
Auch wenn es mir noch so mies ging, wir hatten es Julchen schon so lange versprochen und nun wollte ich es ihm zu liebe nicht absagen.
Ich fühlte mich daheim sicher und mit seinem Spielkamerad war Julian gleich beschäftigt und es ist auch immer etwas Ablenkung.
Der Arzt hatte mir aber noch ein paar Pillen mitgegeben, etwas zur Beruhigung und es hat mir auch geholfen, etwas runterzukommen.
Am Abend fand dann in der Schule auch die Aufführung "Sketches & Drama" statt, bis dahin ging es mir wieder besser, so dass wir da gemeinsam hingefahren sind. Es mag vielleicht verrückt klingen, sich nach so einem Tag eine Schulaufführung anzusehen, aber es war eigentliche eine willkommene Ablenkung. Alleine daheim hätte ich sicher nur gegrübelt und wieder geweint.
Anschliessend haben wir noch mit Freunden etwas getrunken und dann merkte ich aber auch, dass es für mich Zeit war, heimzufahren, die Pillen zeigten doch ihre Wirkung.

Ich weiss jetzt im Nachhinein nicht mehr, wann ich angefangen habe, über das, was passiert war, nachzudenken. Im Grunde genommen, denke ich heute noch darüber nach und bin noch zu keinem Schluss gekommen.

Denn mit diesem Tag war die Tortur keineswegs zu Ende - es sollte noch schlimmer kommen.

Und wie man dann merkt, dass man als Weisse ein gefundenes Fressen für latente Rassisten ist, gibt es nächstes Mal..........





1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Das kann man ja gar nicht glauben...
Hört sich wirklich schlimm an, wie das da abgegangen ist.