23. - 24. Dezember - Teil 2 Police Station Cantonment

Alpha war mit dem Polizisten und Kristin wenige Augenblicke vor uns angekommen und schon im Gebäude, als ich mit Dani ankam.

Wir beide sind reingegangen, da war erst so ein Vorraum, dann kam so eine Art Tresen, rechts davon war ein Gittertor und dahinter war die Gefängniszelle, ein Wartebereich und Türen.
Es waren mehrere Polizisten hinter dem Tresen, die meinten, ich solle mal herkommen, als ich hinter dem Tresen war, ging erst mal das kleine Tor zu - Dani durfte natürlich nicht mit mir kommen, der musste vor dem Tresen warten. Sofort befahlen mir die Polizisten, ich solle mich in dem Wartebereich auf eine Holzbank setzen, direkt neben Kristin, die schon dort saß.
Ich habe mal gleich heftig mit dem Kopf geschüttelt und erklärt, dass ich mich jetzt auf keinen Fall neben die Frau setzen werde, die mich eine halbe Stunde zuvor mit Fäusten bearbeitet hat.
Das hat die ganzen Polizisten sehr wütend gemacht und mit schärferem Ton befahlen sie mir wieder, mich neben Kristin zu setzen.
Doch ich habe mich weiterhin geweigert und mich an die Wand auf der anderen Seite des Raumes gestellt.
Natürlich waren alle sehr erbost über mein störrisches Verhalten, zumal ich auch immer wieder nach dem Formular für den Arzt verlangt habe.

Denn das geht ja nun gar nicht, dass den Polizisten jemand sagt, was zu tun ist.

Dani hat auch die ganze Zeit versucht, an das Formular zu kommen, ich habe das aber gar nicht so wahrgenommen, ich war doch sehr mit mir beschäftigt, mir ging es schlichtweg mies, ich wollte da einfach nur raus.
Aber es sah nicht danach aus, als könne ich gleich wieder gehen und endlich zum Arzt.
Ich habe dann irgendwann mit heulen angefangen, habe immer wieder flehend zu Dani geschaut und versucht, die Polizisten abzuwehren, die mich mit aller Gewalt neben Kristin auf diese Bank zerren wollten.
Egal, wo ich mich hingestellt habe, immer kam einer und sagte, ich könne hier nicht stehen, das wäre nicht erlaubt und schob und zerrte an mir herum.
Ich war mittlerweile panisch, hatte Angst, fühlte mich bedroht. Vor der kleinen Tür stand ein ziemlich hässlicher Polizist, ich habe ihn angefleht, mich rauszulassen, denn mir war schlecht, ich hatte rasende Kopfschmerzen und ich zitterte. Aber er grinste mich mit seinem pickelvernarbten Gesicht nur hämisch an und sagte leise "Jetzt bist Du hier und kommst so schnell nicht wieder hier raus"
Ich habe nur noch geheult und geschrieen, die sollen mich jetzt endlich rauslassen.
So wirklich klar konnte ich da nicht mehr denken und in meiner Verzweiflung habe ich versucht, über diesen Tresen zu klettern, um rauszukommen.
In dem Moment habe ich sicher nicht daran gedacht, dass so eine Aktion die Polizisten vollends in Rage versetzen könnten, ich hatte nur eins im Kopf - Weg hier!
Schliesslich hatte ich nichts verbrochen und es gab keinen Grund, mich festzuhalten.
Aber das sah die Ghana Police anders, gleich waren alle Polizisten zur Stelle und hielten mich fest und zogen mich wieder zurück, einer hatte meine Jeans gepackt und mir diese beim Ziehen runtergezogen. Um mich schlagend habe ich mir meine Hose wieder hochgezogen, heulend und das alles vor der Gefängniszelle, die übervoll mit lachenden, grölenden Kerlen war.
Ich weiss nicht, ob ich mich schon mal so mies gefühlt habe wie in diesem Moment.
Immer noch heulend habe ich mich am Boden an die Wand gekauert und geschrieen, es solle mich jetzt keiner mehr anfassen und betatschen.
Dani war ratlos, mit Erklärungen und Bitten konnte man nichts ausrichten, er bat erneut um das Formular für den Arzt, das hatten die wohl bis jetzt noch nicht geschnallt, das wir nur deswegen da waren. Plötzlich fragte einer der Polizisten, warum wir das Formular wollen und ob ich verletzt wäre.
Das war wie ein Stichwort für Polizisten, denn die kamen auf mich zu, zogen mir die Hände vom Gesicht weg, tatschten mir ins Gesicht, einer wollte mein Shirt hochheben. Die Kerle in der Zelle fanden das natürlich sehr unterhaltsam. Ich hatte die Augen geschlossen, hörte nur Männerstimmen und fühlte Hände, die mich anfassen - ist es so unverständlich, in so einer Situation die Nerven zu verlieren und um sich schlagend diese Hände abzuwehren?
Ich weiss nicht, was Dani gesagt oder gemacht hat, sie liessen von mir ab.
Wie ein Häufchen Elend blieb ich in der Ecke gekauert sitzen, den Kopf unter meinen Armen begraben, die Augen fest geschlossen.
Dani hatte derweil 2 seiner Kollegen angerufen und sie als Unterstützung hergebeten.
Bis sie kamen, diskutierte er mit einem Polizisten, der aber nur eins im Sinn hatte: zu beleidigen, zu provozieren und so seine Macht zu demonstrieren.
Er hatte mitbekommen, dass wir Deutsche sind, Dani bei der Bundeswehr arbeitet. Er hat Dani breit erklärt, dass die Projekte der Bundeswehr ja wohl absolut scheisse sind, völlig unnütz und vor allem das Kofi Annan Center absoluter Mist ist (dort werden auch von Deutschen ghanaische Polizisten ausgebildet). Aber Dani hat sich davon nicht provozieren lassen, denn genau das war das Ziel des Polizisten und er hat daraus auch keinen Hehl gemacht. Denn wie sonst soll man diese Aussage deuten: "Gib mir einen Grund und ich sperre Dich ein."?
Wie lange ich in der Ecke kauernd verbracht habe, weiss ich nicht, mir schien es wie eine Ewigkeit.
Bis dann Danis Chef und ein Kollege kamen und nachdem die dann mitdiskutiert hatten, durfte ich plötzlich gehen.
Ich bin aufgesprungen und bin blitzschnell rausgerannt, Dani kam mit dem Formular hinterher und wir sind dann erst mal zum Arzt.
Eigentlich wollten wir zum deutschen Botschaftsarzt, falls der nicht da ist, zu einer anderen deutschen Ärztin, die in Accra praktiziert.
Allerdings mussten wir wegen dem Formular zu einem Arzt, der von der Ghana Police anerkannt wird und unsere beiden Favoriten gehörten nicht dazu.
Also haben wir uns auf den Weg ins Militärhospital gemacht mit der Hoffnung, dass der stellvertretende Leiter noch im Dienst ist. Denn den kannten wir bereits, er hatte ja letztes Jahr Christoph von seinem Gips befreit, ausserdem hat er viele Jahre in Deutschland gearbeitet und spricht noch sehr gut deutsch.
Wir hatten Glück, er war da und hat sich auch gleich Zeit genommen und mich untersucht.
Ich hatte keine schwereren Verletzungen, meine Lippe war aufgeplatzt, der Rücken zerschrammt, Prellungen am Oberkörper, die sich in den Tagen darauf in ihrer Farbenpracht gezeigt haben.

Mit dem verfluchten Formular, ausgefüllt mit Stempel und Unterschrift, sind wir dann endlich heimgefahren.

So langsam bin ich dann auch zur Ruhe gekommen, die Anspannung liess nach und nach einer ausgiebigen Dusche habe ich mich ins Bett gelegt und versucht, einigermassen im Kopf zu ordnen, was da eigentlich heute passiert war.

Bei meinen mehr oder weniger nutzlosen Verteidigungsversuchen gegen Kristin hatte ich wohl jeden Muskel im Körper angespannt, das habe ich dann auch ab nächsten Tag gespürt. Ich konnte mich kaum bewegen, mir tat alles weh, mein Schädel fühlte sich an wie 3 Nächte durchgezecht und mein Gesicht war angeschwollen.

Während wir beim Arzt waren, hatte Dani´s Chef mit der Polizei noch ausgemacht, dass Kristin nun so schnell wie möglich ihre persönlichen Dinge bei uns abholen soll, damit es keinen Grund mehr für sie gibt, zu uns zu kommen.
Damit es dabei nicht zu Komplikationen kommt, sollte doch bitte jemand von der der Polizei anwesend sein als Zeuge.
Da es ja dann Heiligabend war und wir auch ein leckeres Essen geplant hatten und gemütlich für uns alleine sein wollten, sollte das wenn es geht auch noch am Vormittag des 24. stattfinden.
Pünktlich wie ausgemacht kam eine Frau vom CID (das ist sowas wie die Kripo hier), Dani´s Chef und Kristin.
Sie schleppte ihre Habseligkeiten raus, gab uns unsere Schlüssel zurück und damit war das Kapitel Kristin abgeschlossen für uns - dachten wir jedenfalls.
Wir bekamen noch einen Vordruck, dort sollte ich meine persönlichen Daten eintragen und noch schriftlich eine Aussage zum Vorfall vom Vortag machen.
Da ja nun mal die Polizei involviert war, musste das so sein, auch wenn wir beschlossen hatten, keine Anzeige gegen Kristin zu machen, da es ja eh nichts bringen würde, ich wollte das alles nur abschliessen und vergessen.

Aber damit geht es im nächsten Post weiter.................

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